Mittwoch, 17. Februar 2021

Stellungnahme zur Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030

Die Grünliberalen sind der Ansicht, dass die Strategie nachhaltige Entwicklung (SNE) eine wichtige Voraussetzung ist, damit die Schweiz nachhaltiger wird. Wir sind allerdings auch der Meinung, der vorliegende Strategievorschlag sei ungenügend, um bis 2030 namhafte Fortschritte Richtung Nachhaltigkeit der schweizerischen Politik zu erzielen. Es fehlt eine klare Vision und die Absicht einen transformativen Wandel in Bewegung zu setzen. Weiter muss die SNE über bestehende Massnahmen hinausgehen, die vorhandenen Ressourcen effizient einsetzen und eine Erfolgskontrolle definieren.

Zum generellen Entwurf der Strategie

Wir begrüssen es, dass der Zusammenhang mit den globalen Zielen einer nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) geklärt wird und die SNE als Umsetzungsinstrument der SDGs in der Schweiz und durch die Schweiz angedacht ist. Während festgehalten wird, dass die Staatengemeinschaft «nicht auf Kurs» sei die SDGs zu erreichen, so wäre es nützlich auch den Umsetzungsstand in der Schweiz zusammenfassend festzuhalten, basierend auf der umfassenden Bestandesaufnahme von 2018. Zudem wäre eine Erläuterung dazu wichtig, wie «die Agenda 2030 in der Schweiz in ihrer Gesamtheit umgesetzt» werden soll (SNE, S. 4).

 

Die Grünliberalen begrüssen, dass in der SNE Schwerpunkte gesetzt werden, um die Aktivitäten zu fokussieren. Allerdings wäre es zielführender, für alle Schwerpunkte sektorübergreifende Themen zu identifizieren. Bestehende Strategien und Politiken sollen nicht einfach dupliziert, sondern mit sinnvollen neuen Aktivitäten unterstützt und ergänzt werden.

 

Die Grünliberalen erachten die fünf Leitlinien für die Bundespolitik als gut formuliert und wichtig in ihrer Gesamtheit (u.a.: Nachhaltige Entwicklung in alle Politikbereiche einbeziehen und Politikkohärenz für nachhaltige Entwicklung erhöhen). Allerdings fehlen Instrumente und Massnahmen, wie diese umgesetzt werden sollen. Dies wäre jedoch zentral, um die nachhaltige Entwicklung systematisch in allen Sektoralpolitiken des Bundes zu integrieren. Das federführende Amt ARE soll vermehrt auf diese Arbeit fokussieren, um die vorhandenen Ressourcen effizient zu nutzen.

 

Für die Überprüfung der Umsetzung fehlt ein Controlling der Gesamtstrategie. Es muss geklärt werden, wie die Erreichung der in der SNE formulierten Ziele gemessen wird. Das Monitoring über das Indikatorensystem MONET ist hierfür nicht geeignet, da es den Stand der nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz allgemein misst und damit weder den Beitrag der SNE abbildet noch die Erreichung der Ziele der SNE überprüft.

 

 

Zu den drei Schwerpunktthemen

Das Schwerpunktthema «Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion» erachten wir als zentral und geeignet für die SNE. Es ist ein sektorübergreifendes Thema, zu welchem die SNE einen Mehrwert leisten kann, da es bestehende Strategien und Politiken nicht einfach dupliziert.

 

Das Schwerpunktthema «Klima, Energie und Biodiversität» vereint drei der zentralen Themen der Grünliberalen. Wir sehen in diesen Bereichen grossen Handlungsbedarf. Allerdings erachten wir einen Schwerpunkt, der diese drei Themen nebeneinanderstellt und in erster Linie die in diesen drei Themen existierenden Politiken wiederholt, als wenig zielführend.

 

Das Schwerpunktthema «Chancengleichheit» spricht zentrale Themen und Anliegen der Grünliberalen an. Allerdings werden dabei grosse Themen nebeneinander aufgeführt wie Armut, Gesundheitsversorgung, Bildung, Migration, Integration von benachteiligten Personen in Politik und Arbeitswelt, Diskriminierung, Gleichstellung, Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen, Raumentwicklung und Sozialversicherungen. Die grosse Breite dieses Schwerpunktthemas führt zu dessen Verwässerung. Da es sich um politische Grundanliegen der schweizerischen Politik handelt, fragt es sich, welches der spezifische Beitrag der SNE sein kann. Hier müsste ein klarer Fokus definiert werden.

 

 

Nicht (ausreichend) berücksichtigte Elemente der Strategie

Die fünf Leitlinien für die Bundespolitik sind gut formuliert und wichtig in ihrer Gesamtheit. Allerdings fehlen Instrumente und Massnahmen, wie diese umgesetzt werden sollen. Dies wäre jedoch zentral, um die nachhaltige Entwicklung systematisch in allen Sektoralpolitiken des Bundes zu integrieren. Die fünf Leitlinien sollten sich stärker in den Zielen und strategischen Stossrichtungen der Schwerpunktthemen niederschlagen, z.B. durch die Berücksichtigung der Wechselwirkungen. So müssten z.B. die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit den Zielen im Schwerpunktthema «Klima, Energie und Biodiversität» verbunden sind, aufgezeigt sowie Instrumente und Massnahmen zu deren Bewältigung formuliert werden.

 

Das federführende Amt ARE soll vermehrt auf diese Arbeit fokussieren, um die vorhandenen Ressourcen effizient zu nutzen. Die Evaluation der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016-2019 von INFRAS führt drei Massnahmen auf: (i) Schaffung eines Ex-Ante-Beurteilungsinstrumentes, welches Elemente der Regulierungsfolgenabschätzung mit der Nachhaltigkeitsbeurteilung verknüpft; (ii) Ergänzung des Botschaftsleitfaden der Bundeskanzlei, damit bei Botschaften nicht nur das Verhältnis zur SNE aufgezeigt, sondern auch Zielkonflikte explizit thematisiert werden sollen; (iii) Unterstützung einer frühzeitigen interdepartementalen Zusammenarbeit durch das Direktionsgremium bei Schwerpunktthemen der SNE. Während alle drei Massnahmen kombiniert werden können, erachten die Grünliberalen die Umsetzung der ersten Massnahme als Priorität.

 

Für die Überprüfung der Umsetzung fehlt ein Controlling der Gesamtstrategie. Es muss geklärt werden, wie die Erreichung der in der SNE formulierten Ziele gemessen wird. Dabei sind sowohl die übergeordneten Ziele der SNE gemäss Einleitung als auch die Ziele der Schwerpunktthemen und anderer Kapitel gemeint. Das Monitoring über das Indikatorensystem MONET ist hierfür nicht geeignet, da es den Stand der nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz allgemein misst und damit weder den Beitrag der SNE abbildet noch die Erreichung der Ziele der SNE überprüft. Auch bei der Erarbeitung des Massnahmenplans ist es wichtig, bereits zu Beginn festzulegen, wie das Controlling stattfinden soll. In der Berichterstattung zur Umsetzung der Strategie und der Massnahmen soll über die Zielerreichung informiert werden. Weiter soll zumindest qualitativ evaluiert werden, welchen Beitrag die SNE zur Politikkohärenz und zur Integration der nachhaltigen Entwicklung in Sektoralpolitiken hat leisten können (siehe übergeordnete Ziele im Kapitel 1 «Einleitung»).

 

 

Allgemeine Bemerkungen zur Strategie

Das Kapitel «Treiber für nachhaltige Entwicklung» der SNE führt die Akteurinnen und Akteure aus Wirtschaft, Finanzen sowie Bildung, Forschung und Innovation auf, weil diese «massgeblich dazu beitragen können, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben und einen wichtigen transversalen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 leisten». Realistischer wäre es jedoch, von «potenziellen Treibern» zu sprechen. Zudem ist nicht klar, weshalb die Zivilgesellschaft, die Kantone und die Gemeinden nicht auch aufgeführt werden. Schliesslich ist auch die Abgrenzung zum Kapitel «Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft» nicht klar.

 

Die «Nachhaltigkeit im Finanzmarkt» scheint uns zudem weniger geeignet als Treiber. Wie in der SNE steht, ist es aktuell erst ein Ziel, die Schweiz zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzdienstleistungen zu machen. Wie beispielsweise der Klimaverträglichkeitstest 2020 des BAFU zeigt (siehe Bericht Bridging the Gap von 2° Investing Initiative und Wüest Partner), investieren die Schweizer Banken, Pensionskassen und Versicherungen insgesamt noch immer in den weiteren Ausbau der Erdölförderung und des Kohleabbaus. Der Schweizer Finanzsektor ist insgesamt noch nicht auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens ausgerichtet. Deshalb fordern die Grünliberalen beispielsweise auch in der Parlamentarischen Initiative 20.448 eine klimaverträgliche Altersvorsorge und eine entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge. Es besteht offensichtlich noch Handlungsbedarf, weshalb die Nachhaltigkeit im Finanzmarkt eher als Schwerpunktthema aufzuführen ist.

 

Wie weiter oben bereits erwähnt, fehlt eine Erläuterung dazu, wie «die Agenda 2030 in der Schweiz in ihrer Gesamtheit umgesetzt» werden soll (SNE, S. 4). Unter anderem könnte hier ein Anhang mit den wichtigsten sektoriellen Strategien und deren Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 sinnvoll sein. Damit entstünde ein vollständiges Bild der strategischen Instrumente, welche für die Umsetzung der Agenda 2030 relevant sind.