Donnerstag, 20. Dezember 2018

Sozialversicherungsrecht (ATSV)

Nach der deutlichen Gutheissung der Gesetzesvorlage durch das Volk erwarten wir, dass Observationen gezielt, zurückhaltend und verhältnismässig eingesetzt werden und die Rechte von zu Unrecht observierten Menschen gewahrt werden. Vor diesem Hintergrund begrüssen wir, dass Spezialistinnen und Spezialisten, die im Auftrag eines Versicherungsträgers Observationen durchführen („Detektive“), einer Bewilligungspflicht unterstellt werden sollen.

Es ist richtig, dass die Bewilligung an strenge persönliche und fachliche Voraussetzungen geknüpft wird. Dazu gehören eine Polizeiausbildung oder gleichwertige Ausbildung, die zu einer Observation befähigt, und eine mindestens zweijährige Berufserfahrung in der Personenüberwachung. Zu begrüssen ist auch, dass die Bewilligung nicht vom Versicherungsträger selbst, sondern von einer unabhängigen Stelle – dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) – erteilt wird. Wir unterstützen vollumfänglich die Aussage im Erläuternden Bericht (Ziff. 3.2), dass die Observation „in jeder Hinsicht so minimalinvasiv und zielgerichtet wie möglich“ durchzuführen ist. 

 

Unklar bzw. ungenügend ist hingegen die Regelung der Aufsicht über die Spezialistinnen und Spezialisten durch das BSV. Gemäss Vorentwurf werden die Voraussetzungen bei der Bewilligungserteilung geprüft. Die Bewilligung gilt für fünf Jahre und wird entzogen, „wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind oder wenn nachträglich Tatsachen festgestellt werden, aufgrund deren sie hätte verweigert werden müssen“ (Art. 7a Abs. 8 Satz 1 VE-ATSV). Im Erläuternden Bericht (Ziff. 3.2) wird ergänzt, dass das BSV von der Bewilligungsinhaberin bzw. vom Bewilligungsinhaber aktuelle Nachweise oder Belege verlangen kann, um eine Überprüfung zu ermöglichen. Im Vorentwurf wird jedoch nicht geklärt, auf welchem Weg bzw. von wem das BSV Hinweise erhält, die zu einer Überprüfung führen. Das BSV darf sich nach unserer Meinung ohnehin nicht auf Hinweise Dritter verlassen, sondern muss die Tätigkeit der Spezialistinnen und Spezialisten in angemessenem Umfang aktiv überwachen. Das ist in der Verordnung zu verankern. Zudem ist als weitere persönliche Voraussetzung der Spezialistin oder des Spezialisten die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit zu verlangen. Anderenfalls ist es selbst bei Fehlverhalten der betreffenden Person nicht möglich, die Bewilligung zu entziehen, solange das Fehlverhalten nicht als Verbrechen oder Vergehen im strafrechtlichen Sinn gilt.